D.I.Y. heißt Do It Yourself. Die D.I.Y.-Bewegung entstand in den 50er Jahren in England und ist geprägt vom Glauben an Improvisation und Eigeninitiative. NORM ist abgeleitet vom Lateinischen norma (Winkelmaß, Richtschnur, Maßstab, Regel) und steht für eine Werteordnung und ein anerkanntes Regelwerk. Die Wortneuschöpfung D.I.Y. Norm weist auf die Tatsache hin, dass Regeln, Werte, Normen gemacht sind, nicht gegeben, und folglich neu gestaltet werden können und sollten. Mit einer Aktivsituation werden Momente produktiven Kontrollverlustes¹ heraufbeschworen, alle Teilnehmenden werden zu Mitgestaltern der Situation.
In meiner Diplomarbeit D.I.Y. NORM - eine Aktivsituation im Februar 2013 wird der Versuch zum festlichen Gesamtkunstwerk unternommen mit einem temporären Schrottpalast und darin stattfindendem Programm und Situationen. Ort des Geschehens ist die Aulavorhalle der -Hochschule für bildende Künste Hamburg. Der Schrottpalast ist so positioniert, dass die Aulavorhalle von Fritz Schumacher mit seinem repräsentativen Jugendstilfenster Die Schönheit als Botschaft von Carl Otto Czeschka sichtbar bleibt. So steht er formal und inhaltlich im Dialog mit der Empfangshalle der HFBK, die ihn umgibt. Das Schulgebäude am Lerchenfeld ist einst nach dem Ideal des Gesamtkunstwerks unter den Flügeln der Baukunst entstanden, in dem es keine Eingrenzung der Ziele² geben sollte.
Der temporäre Charakter des Schrottpalasts wird mit der Verwendung von Baugerüst und Automobilteilen betont, einen Kontrast dazu bildet der Betonboden. Dessen Unregelmäßigkeit machen das Gehen und Tanzen schwer. Wer hohe Schuhe trägt, kann sich kaum fortbewegen. Im Zentrum des Bodens spiegelt eine Fläche aus zerbrochenem Spiegel das an der Decke angebrachte Objekt aus zerbrochenen Autorücklichtscherben wider. Grablichter sind auf Vorsprüngen der Wände aufgestellt. Harfensaiten spannen sich zwischen Gerüststangen. Zwei korrekt gekleidete Türsteher bewachen das Tor und verleihen dem trashigen Erscheinungsbild des Palasts etwas Absurd-Seriöses. Mehrere Tage lang laufen dort in Zusammenarbeit mit Künstler*innen und Besucher*innen Tanzperformances, Konzerte, Meditationen, Vorträge und spontane Gesprächsrunden sowie ausufernde Feste. Die Unterschiedlichkeit der Auftritte und Situationen spiegelt sich in der Diversität der Materialien. An der Bar wirkt die Arbeit Mit vollen Händen verschwenden. Bezahlvorgänge werden ad absurdum geführt, denn statt Wechselgeld werden großzügig Scheine bis zu 500 € herausgegeben, doch handelt es sich um billig kopiertes Geld. In einem Diavortrag³ werden die Romapaläste in Rumänien vorgestellt, die einen Bezug zur Schrottpalast darstellen.
Beteiligte: Nicola Richter, Nikae, Felix Kubin, Noura Tiara – Beate Lindenborn, Anna-Rosa Lindenborn, Erobique, Leo Lazar, Evans Nierenz, Edvin Adler, Laura Elisabeth Husemann, Sarah Mohr, Helge Meyer, Jana Schumacher, Sascha Demand, Istari Lasterfahrer, Niclas Riepshoff, Schrotti, Rafael Lazar, Natalie Lazar, Oliversum
D.I.Y. NORM - EINE AKTIVSITUATION wurde unterstützt von: AUG. PRIEN Bauunternehmung (GmbH & Co. KG) | Karl H. Ditze Stiftung | Magdalena Rysopp und Pascal Keck | Ratsherrn Brauerei GmbH | KIESOW Autorecycling + Autoteile GmbH | Bestattungen Rolf | Bonscheladen Hamburg. Dank an: Jenny Falckenberg – unique art concepts, Britta Lambsdorff, Simon Hehemann, die Familie Lazar, HFBK, Ariane Lindhorst, Simon Hehemann, Ray Juster, Denis Losert, Norbert Beckmann, Gangolf Meyer und die Baugerüst-Crew, Copilot
1 Loreck, Hanne: "Küss mich, küss mich, bedecke meinen Körper mit Liebe." Zum aktuellen Verhältnis von Mode, Kunst und Körper, in: MODE. Spannungsfeld des Begehrens, hg. von Laura Bieger und Annika Reich, München: Wilhelm Fink Verlag 2011, S. 5-34.
2 Berendes, Bettina: Carl Otto Czeschka – Die Schönheit als Botschaft. Das Glasfenster der Hamburger Kunstgewerbeschule. Kiel: Verlag Ludwig 2005 (= Kieler kunsthistorische Studien n.f., Band 6).
3 Lazar, Natalie: Bewegte Bauten, Prösentation der Forschungsreise zu den Roma-Palästen in Rumänien.